Auto Motor Sport Ausgabe 13/88 von 16.06.1988
Vergleichstest Toyota Supra Turbo - Porsche 944 Turbo

Spektakulär: Der Toyota Supra schwenkt gerne das Heck nach außen

    Nur in Büchern ist vermerkt, daß jede Ähnlichkeit mit lebenden Begebenheiten zufällig und unabsichtlich sei. Aber der Porsche 944 hat sich selbst in die Lage manövriert, der Sportwagenwelt als die Kopiervorlage schlechthin zu dienen.
    Der progressive, dynamische, sportliche Ingenieur aus Toyota-City landet automatisch beim Code 9-4-4, wenn er einen Frontmotor-Sportwagen in Coupe-Form mit ausreichend großem Kofferraum und praktischer Heckklappe konstruieren soll - außer er nimmt diese Klappe nach vorn und den Motor quer vor die Hinterachse.
    Als Koffer-, Uhren- oder Polohemden-Hersteller könnte Porsche allein vom Copyright leben. Vom Pandabären bis zum Lacoste-Krokodil werden besondere Arten von den Profitwächtern internationaler Paragraphen geschützt, die einfache Händler von Cartier- und Rolex-Kopien bis in orientalische Basare verfolgen.
    Bloß Automobile sind offensichtlich zum Kopieren freigegeben, und die Porsche 944-Modellreihe ist dabei zum liebsten Pace car der Japaner geworden.
    Bei allen Zwängen des Konzepts drängt Toyota im Supra Turbo mit schlichtem Mehr: mehr Hubraum, mehr Zylinder, mehr Ventile, mehr Leistung, mehr Gewicht, mehr Serienausstattung, mehr Raum. Das ergibt unterm Strich ein beinahe fünfsitziges Coupe mit Targa-Dach.
    Da kann sich der zierliche, kleinere Porsche nur mit mehr Preis dagegenstemmen; der 944 Turbo ist um 21 975 Mark teurer als der Supra Turbo.
    Die Fahrleistungen versprechen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Porsche ist mit einer Höchstgeschwindigkeit von 255 km/h sieben Kilometer pro Stunde schneller; bei der Beschleunigung aus dem Stand bleiben die Differenzen im Rahmen weniger Zehntelsekunden; bei den Elastizitätsprüfungen schieben mehr Hubraum und mehr Drehmoment bei weniger Nenndrehzahl den Supra deutlich in Front.
    Ab nun beginnen jene geringen Abweichungen vom Parallelkurs, die bei entsprechend langen Distanzen doch zu verschiedenen Zielen führen. Porsche sieht auch in einem Coupe - Motor vorn, Getriebe hinten (Transaxle-Konzept) - noch immer den Sportwagen: praktisch, ökonomisch, nüchtern, aber sportlich. Bei Toyota ist daraus ein GT geworden, ein Gran Turismo-Coupe. Schnell wie ein Sportwagen, aber dabei immer noch komfortabel - und groß wie ein japanisches Wohnzimmer.
    Der Supra-Motor vertritt die fernöstliche Weisheit von mehr Hubraum und mehr Zylindern elastisch und kräftig. Diese Masse von 2954 cm³ Hubraum und sechs Zylindern wurde durch zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, eine elektronische Toyota-Benzineinspritzung, Abgasturbolader mit maximal 0,5 bar Druck und Ladeluftkühlung kultiviert. Der Reihen-Sechszylindermotor hat ab 1000 Touren geschmeidige Manieren, ab 2000/min schießt gutmütige Kraft ein, ab einer Drehzahl von 5000/min läßt die Kraftenfaltung nach und wirkt angestrengt.
    Der Porsche-Vierzylindermotor mit 2479 cm³ Hubraum ist trotz schwingungsdämpfender Ausgleichswellen nicht so kultiviert wie der Toyota-Sechszylinder. Bis 3000/min hat der Porsche spürbar weniger Leistung, vergleichbar jenen Schwergewichtsboxern, die verdammt kräftig zuschlagen, vorher aber lange ausholen.
    Die Turbo-Bausteine entsprechen dem aktuellen Stand nach Porsche-Norm: Bosch-Motronic, KKK-Turbolader, Ladeluftkühler, maximaler Ladedruck 0,75 bar. Die missionarische Wirkung ist nach etwas Verzögerung deftig. Während der Supra bei 5000 Touren beschaulicher schafft, hat der 944, mit Ausgleichswellen ganz leise und kultiviert, jede Menge Reserven bis zum Begrenzer im roten Bereich bei 7200/min.
    Damit haben beide einen 180 Grad-Turn in klassische Lehrsätze gedreht: Der Sechszylinder ist der Drehmoment-, der Vierzylinder der Drehzahlmotor.
    Bei annähernd gleicher Leistung werden Sportwagen-Konkurrenzen in Bremszonen und Kurven entschieden, von den Fahrwerken und deren Abstimmung. Auf kurvigen Landstraßen mit welliger Fahrbahn hat der Porsche Heimvorteil. Sein Fahrwerk ist straffer abgestimmt, die Servolenkung ist direkter, das Fahrverhalten tendiert zu leicht untersteuernder Neutralität und ist auch durch Lastwechsel nicht zu erschüttern.
    Umgekehrt ist der Supra weicher gedämpft, die Servolenkung reagiert bei raschem Einlenken aus der Mittellage zu scharf, und Übersteuern ist ein ungekünstelter, ganz gut kontrollierbarer Fahrzustand. Das Epizentrum aller Supra-Unruhen bildet die Hinterachse, die während des Lastwechsels Instabilität verursacht.
    Beide Sportwagen sind auf der Autobahn bis in den Bereich ihrer Höchstgeschwindigkeit diskrete, souveräne Gesellschafter. Ihr Geradeauslauf fällt unter die in diesem Fall liebenswerte Charaktereigenschaft stur, die auch nervöse Fahrer vom Streß des Korrigierens befreit.
    Bei der Serienausstattung steckt der Supra den 944 locker unter die Heckklappe. Für 59 600 Mark ist in ihm bis zum demontierbaren Targa-Dach alles vorhanden, was das Herz begehrt. Dabei bieten dreifache Lenkradverstellung und zigfache Fahrersitzverstellung inklusive pneumatischer Kreuzstütze mehr Kombinationsmöglichkeiten als ein einzelner Mensch trotz Wachstums- und Gewichtsveränderung ausnützen kann. Türverkleidung, Armaturenbrett, Mittelkonsole, selbst die Lenkradspeichen sind mit Schaltern und Knöpfen tapeziert, nicht immer in logischer Anordnung. Dagegen entbindet die sachliche, übersichtliche Nüchternheit den Porsche-Piloten vom Studium der Bedienungsanleitung.
    Der klare und eindeutige Bereich subjektiver Kriterien läßt sich mit objektiven und abgeklärten Einwänden zum Diskussionsthema komplizieren: Der Supra ist ein noch besseres Reisecoupe als ein Sportwagen, groß und breit mit imposanter Motorhaube, alles im soliden Sinne massiv. Der Toyota-Innenraum ist freundlich, hell und so großzügig, daß hinten sogar drei Personen sitzen dürfen - wenn auch nicht gerade bequem. Die Platzverhältnisse im Fond favorisieren den Bein- vor dem Kopfarbeiter.
    Der 944 Turbo ist der Porsche überhaupt. Enger, kleiner, handlicher, dynamischer - der schnellere Sportwagen in der Klasse bis zwei Passagiere. Der technologische Abstand zwischen Weissach und Toyota-City ist kleiner geworden, knapper jedenfalls als der runde 20 000 Mark-Unterschied. Motorisch muß sich der 944 Turbo jetzt strecken, am besten nach drei Liter Hubraum. ee

Zum Vergleich
Fahrzeigtyp Porsche 944 Turbo Toyota Supra Turbo
Motorbauart/Zylinderzahl R/4 R/6 (angabe von AMS V/6!!)
Hubraum cm³ 2479 2954
Bohrung x Hub 100,0 x 78,9 83,0 x 91,0
Leistung kW(PS)/min 162(220)/5800 173(235)/5600
Max. Drehmoment Nm/min 330/3500 344/3200
Verdichtungsverhältnis 8,0:1 8,4:1
Gemischaufbereitung el.Einspritzanlage Bosch Motronic el.Einspritzanlage Toyota TCCS
Kraftübertragung 5-Gang-Getriebe/Hinterradantrieb 5-Gang-Getriebe/Hinterradantrieb
Leergewicht kg 1369 1618
Zul. Gesamtgewicht kg 1600 2070
Beschleunigung in s
0-60 km/h
0-80 km/h
0-100 km/h
0-120 km/h
0-140 km/h
0-160 km/h
0-180 km/h
0-200 km/h
1km mit stehendem Start

3,4
5,2
6,9
9,5
12,4
16,3
21,7
28,0
27,0

3,4
5,0
6,8
9,6
12,4
16,4
21,2
28,4
26,9
Elastizität in s
60-100 km/h (IV-Gang)
80-120 km/h (V-Gang)

8,2
10,4

6,2
9,9
Höchstgeschwindigkeit km/h 255 248
DIN-Verbrauch in L/100km
Bei 90 km/h (V-Gang)
Bei 120 km/h (V-Gang)
Stadtverkehr
Super bleifrei
7,1
8,9
12,9
Super bleifrei
8,5
10,5
14,9
Testverbrauch in L/100km 14,5 16,0
Innengeräusch in dB(A)
Stand
Bei   50 km/h
Bei 100 km/h
Bei 130 km/h
Bei 160 km/h
Bei 180 km/h

54
66
70
73
77
78

44
66
69
73
75
77
Preis DM 81 575,- 59 600,-

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